Verhält sich ein Arbeitnehmer nicht so, wie es der Arbeitgeber wünscht, greifen Arbeitgeber immer wieder zum Mittel der fristlosen außerordentlichen Kündigung, um das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden. Immer wieder heißt es dann, dass es einfach nicht mehr zumutbar sei, den Mitarbeiter auch nur einen Tag länger zu beschäftigen.

Regelmäßig sehen die Arbeitsgerichte solche Fälle jedoch anders und stellen klar, wie hoch die Schwelle ist, um einen Arbeitnehmer wirklich sofort frei zu setzen.

So musste das LAG Kiel über einen Fall entscheiden (4.06.2020 -1 Sa 72/20, BeckRS 2020, 22591) bei dem die Klägerin ihre Arbeit am 1.8.2019 als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte im Büro des Beklagten aufgenommen hatte. Am 5.08. sowie am 6.08.2019 wurde er Sohn der Klägerin in einer Kindertagesstätte eingewöhnt, deswegen hatten die Parteien vereinbart, dass die Klägerin an diesen Tagen nicht zur Arbeit erscheinen sollte.

Trotzdem kündigte der Beklagte die Klägerin zum 12.08.2019, die Kündigung ging der Klägerin zum 06.08.2019 zu. Am 7. und 8.8.2019 erschien die Klägerin nicht zur Arbeit. Daraufhin kündigte der Beklagte mit am 9.8.2019 der Klägerin zugegangenem Schreiben außerordentlich fristlos. Ebenfalls am 9.8.2019 ging beim Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 8. und 9.8.2019 ein.

Die Klägerin wandte sich mit Ihrer Klage nicht gegen die ordentliche Kündigung vom 06.08.2019, da diese wirksam innerhalb der Probezeit erfolgte, sondern allein gegen die zweite, fristlose Kündigung und verlangte die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist.

Der Beklagte hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Die Klägerin habe gerade einmal zwei Tage gearbeitet und dann unentschuldigt gefehlt. Es handele sich um ein „gescheitertes Arbeitsverhältnis“. Aus Sicht des Beklagten sei eine Abmahnung offensichtlich entbehrlich gewesen.

Das LAG hält die fristlose Kündigung in Übereinstimmung mit der Vorinstanz für unwirksam. Nach Auffassung des LAG ist eine vorherige Abmahnung auch in dieser Konstellation notwendig. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin trotz Kündigungsandrohung der Arbeit weiter unentschuldigt ferngeblieben wäre. Ihre Pflichtverletzung sei auch nicht derartig schwerwiegend gewesen, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre.

Zudem kassierte das LAG die von dem Beklagten arbeitsvertraglich vereinbarte auf eine Woche verkürzte Kündigungsfrist und hielt den Beklagten an der gesetzlichen Frist von zwei Wochen fest.